Skip to content

What difference does it make?

Aus der Inbox von heute:

Heute abend ist XXX-Party mit Linker Gegenkultur


Kultur als systemimmanenter Zierrat ist nie "gegen" sondern immer "für" oder "mit" (schlimmstenfalls "sub"). Das ist auch keine Frage von rinks oder lechts. Ein Livebeispiel: Man stelle sich auf die Piazza am Schulterblatt und schaue Richtung Florapark. Links findet sich linkes Kasperletheater mit pseudoautonomen Stallmief in der Rotten Flora. Rechts findet sich trotz gleich dreier Kulturbegriffe völlig anspruchsfreies Kasperletheater auf Basis studentärer Selbstausbeutung zum Wohle einzelner Möchte-gerne-Kulturindustrieller.

Welchen Unterschied macht das nun? Keinen. Ich gehe lieber in die rotte Flora, weil da die spannenderen Bands spielen, Gewinne nicht privatisiert werden sondern in Soliaktionen fließen (unverzichtbar). Politisch interessante Veranstaltung finden mit Sicherheit auch dort statt, aber i. d. R. geht es auch hier eher um blosse Unterhaltung. Schön. Eher früher als später wird jemand im Haus 73 eine Veranstaltung machen, die mich - aus puren Unterhaltungsgründen - sehr interessiert. Dann ist es auch nicht besser oder schlechter dorthin zu gehen, als zum Beispiel in die Fabrik. (Für Bands und andere "Künstler" auf der Suche nach Auftrittsmöglichkeiten, ist der Unterschied ja auch nicht wahrzunehmen, wenn sie nicht sehr in der ein oder anderen Szene stecken.)

Kleine Rechnung zu den Castorfestspielen

Kalt war's. Aber während ich wie viele, viele andere da sein musste, um deutlich zu machen, dass Atomkraftwerke abgeschaltet gehören, WOLLTEN auch unzählige Bulleneamten da sein. Dabei ist das so ein Kackjob. Warum bleibt ihr nicht einfach zuhause? Vielleicht mal Krankschreiben lassen? Kann und werde ich wohl nicht verstehen.

Selbst wenn der Castor planmässig durchrollt, hat der Atomstaat schon verloren, weil er 16472 bewaffenete Robocops (9372 der Länder / ca. 7100 vom Bund, lt. Abschlusskonferenzreader der Polizei) braucht, die das Ding "schützen". Und da wird dann auch deutlich, dass selbst minimale Verzögerungen teuer sind. Annahme: es schafft eine Klein(st)gruppe, so nahe an den Transport heranzukommen, dass der Zug beinahe oder kurz stoppt und so nur eine Minute Verspätung bewirkt wird. Selbst wenn sich an der Strecke bis Lüneburg die Einsatzzeiten der Ordnungshüter vielleicht nicht verlängern, muss zumindest die 7921köpfige (lt. Abschlusskonferenzreader der Polizei) Besatzungstruppe im Wendland eine Minute länger bleiben.

7921 HohlkKöpfe mal 1 Minute = 7921 Minuten = ca. 132 Stunden Mehreinsatz


Und trotz Abschluss der Umladearbeiten auf die Straßentransportfahrzeuge gegen 00:40 Uhr, verließ der strahlende Schrott die Umladestation erst um 04:24 Uhr. Auch wenn sie es sich schönreden: "Um 06.04 Uhr fuhr der erste Tieflader nach störungsfreier Fahrt in das Transportbehälterlager bei Gorleben ein, um 06.08 Uhr erreichte der zwölfte LKW sein Ziel." (lt. Abschlusskonferenzreader der Polizei) - das waren nochmal dreidreiviertel Stunden Verzug.

Abschalten den Scheiß!

Charles Bukowski - Tod im Strandkorb

Im Foolsgarden gibt es eine Lesung mit Texten von Charles Bukowski dazu musiziert Tod im Strandkorb. Sagt die unlängst überholte Seite der Surfband. Auch ein schon länger neuer Bassist. Nur keine neuen Songs. Der Foolsgarden-Seite könnte sich auch mal jemand erbarmen; Internet aus dem letzten Jahrhundert mit zweifelhaftem Nutzen. Das hat der Laden nicht verdient. Die Veranstaltung könnte jedenfalls ganz nett werden.

Zu Müde. Zu Hungrig. Aber dann irgendwie doch mit Cummins und seinem Couchsurfer bis in die Puppen im Absurd gequatscht.

Papstkekse oder wie ich einmal fast Katholik geworden wäre.

Als ehemaliger Evangele bin ich ja eher unbedarft in Bezug auf Wunder und Heilige. Was die Katholiken für Firlefanz haben, war mir bis zu einer Italienreise nicht bewusst. Unglaublich. Ganz vorne der Vatikan. Quasi das Disneyland der Katholiken. In den Katakomben haufenweise Steinschachteln mit Papstleichen. Toll so was. Nervig nur das ständige Gejammer seitens der Offiziellen, dass sie unendlich Kohle aufbringen müssten, um den ganzen in Jahrhunderten zusammengeklauten, heute aber als Weltkulturerbe mehr oder weniger unverkäuflichen Tand, in einigermaßen manierlichem Zustand zu halten. Aber im Petersdom keinen Eintritt nehmen können oder wollen, weil der nun mal auch eine Kirche ist und als solch frei zugänglich sein soll. Allerdings lassen die Sicherheitsvorkehrungen im Vatikan zu wünschen übrig: Äußerlich aufgemacht wie ein Securitycheck im Flughafen mit allen möglichen Alarmpiepsmaschinen, faktisch aber eher nutzlos, da ich sowohl in den Petersdom als auch in die vatikanischen Museen mit zwei Messern gekommen bin. Vielleicht liegt's daran, dass der eine Teil der päpstlichen Controlleros immer im Himmel nach Zeichen schaut, anstatt auf die Monitore der Kontrollgeräte, während der andere Teil der himmlischen Bewacherscharen in seiner religiösen Einfalt schon mal ein eifrig vorgezeigtes Asthmaspray und ein Plastikbrillenetui für die Verursacher kräftiger Piepstöne im Metalldetektor hält. Der Herr wird sich schon was bei gedacht haben.

Beinahe zum Katholizismus bekehrt wurde ich allerdings nicht im Vatikan, sondern durch die heiligen Kekse von Siena, die dort in der Kirche des San Francesco aufbewahrt werden. Ich habe mich in einem längeren, von einem wohlmeinenden Pfaffen in schlechtem Deutsch verfasstem Traktat kundig gemacht. Es begab sich vor ewigen Zeiten, dass der Lokalpapst einen Haufen Hostien sakramentmässig gewandelt hatte, die dann aber doch nicht zum Abendmahle eingenommen wurden. Hat er den Bedarf um knapp 300 Stück falsch eingeschätzt? Jedenfalls waren die Dinger dann megaheilig und wurden vertabernakelt. (Für Nichtkatholiken: Tabernakel ist so eine Art Schrank für heiligen Kasperkram im, am oder beim Altar).

Irgendwelche gotterslästerlichen Spitzbuben erdreisteten sich nun aber, die ollen Oblaten ihrer eigenen Verfügungsgewalt unterzuordnen. Was für ein Aufschrei in Siena. Tagelanges Zähnefletschen und Wüten der Bevölkerung. Der Herr ließ dann aber in seiner unendlichen Güte die Sakralkekse – wenn auch ohne den wertvollen Kelch - wieder auffinden, so dass sie unter lautem Hosiannagebrülle und Lobgepreise in die Kirche des San Francesco heimgeführt werden konnten. Und da lagen sie nun, einerseits fett heilig, andererseits aus "hygienischen Gründen" nicht so ohne weiteres an irgendwelche Gläubigen zu verfüttern. Während sich der Lokalpapst und seine Handlanger über das weitere Vorgehen die kleinen Gehirne zermarterten, fiel irgendjemandem auf, dass die heiligen Törtchen keinerlei Verwesungsspuren aufwiesen, diese aber im Laufe der Zeit nun mal bekommen müssten. Und da war es nun das Wunder. Unkaputtbare Hostien, 273 Stück an der Zahl. Also wurde der schwer begeisterten Bevölkerung noch ein bisschen was auf den allfälligen Zehnt drauf gelegt, um eine pompöse Keksdose mit Edelsteinapplikationen für das Zeug zu schaffen.

Nun wäre es, angesichts der Belanglosigkeit des Ganzen schön, wenn die Geschichte damit zu Ende wäre. Aber so simpel macht's der Herr nun mal nicht. Und um so einen wackeren Ungläubigen wie mich beinahe zu bekehren, reicht das schon mal gar nicht. Also weiter gewundert: Eine geraume Zeit später, die bisherigen Protagonisten waren alle schon bei den Engelchen, gab es einen erneuten Raub in der Kirche des San Francesco. Diesmal war es aber nur die Gebäckumverpackung, die Gefallen fand. Das unverwesbare Abendmahlsbackwerk wurde achtlos in die Ecke gekippt, die kostbare Umhüllung verschwand auf Nimmerwiedersehen und sollte fortan auch keine Rolle in dieser Geschichte mehr spielen. Als die Kirchenwertheimer ihr geschändetes Gotteshaus betraten, war zwar zu ihrem Bedauern die Keksdose weg, aber es gelang ihnen, alle 273 Hostien in einwandfreiem Originalzustand zu bergen und einzusiegeln.

Schon ein Jahr später wurde dann unabhängig-wissenschaftlich die Neuwertigkeit des heiligen Naschwerks festgestellt und der ganze Kram in ein neues, nicht mehr pompöses, aber einigermaßen repräsentables Aufbewahrungsgefäß verbracht. Leider wird das jetzt irgendwo im Keller versteckt, so dass man sich kein eigenes Bild mehr machen kann. Oder mal ein Krümelchen zum Probieren nehmen.

Ist doch toll, oder? Die erbauliche Broschüre endet mit einem Bild von Papa Johannes Paul Numero Zwei, der aufgeregt sabbernd vor der Wunderdose mit den unverfaulten Hostien sitzt und es beinahe nicht fassen kann, dass der Herr uns solche Wunder schenkt. Und noch heute robben gute Katholiken deswegen auf Knien an diesen Ort und fackeln unter debilenm Gemurmel völlig überteuerte Teelichter ab.

Nach reiflicher Überlegung kommt Katholizismus für mich irgendwie doch nicht in Frage.

(Gerade noch rechtzeitig fertiggeworden, um hier mitzumachen. Ach nee, gibt eine Verlängerung. Auch egal.)

Recht gehabt: Reclaim the Schanzenfest

Es war wie immer: Flohmarkt, Infostände, Soundsysteme, Livemusik ... ich war erst gegen frühen Abend da. Es war nett und die Leute gut drauf. Erklärung des autonomen Stadtteils Schanze ("Nie wieder Hamburg!") und Kapellen spielen vor der Flora auf. Ein paar Bekannte getroffen, Bier getrunken und eine gute Zeit gehabt. Ich bin gerade weg, als St. Pauli unüberhörbar gegen Bayern in Führung ging, nichtzuletzt, weil ich das hier in meiner Ankündigung stehen hatte:

Man sollte nur zusehen, dass man wegkommt, bevor so gegen 21.00 Uhr der Traditionsaufzug von Team Green beginnt, weil ein Suffpunk oder ein Zivibulle ein Streichholz anzündet.


Und genauso war es dann auch: Rituale? Keine Ahnung, wozu das gut ist. Es waren diesmal aber wohl noch mehr Leute, die so wie ich rechtzeitig abgehauen sind.

Nebenbei: Gestern beim Einkaufen bin ich noch vorher noch in ein anderes Stadteilfest geraten - 750 Jahre Bahrenfeld. Mit Freiwilliger Feuerwehr, Gulaschkanone, Rotes Kreuz, Kirchengemeinde usw. Toller Kindergeburtstag. In Anlehnung an die Verlautbarungen aus der intergalaktischen Gegenwirklichkeit auf dem gestrigen Schanzenfest möchte man ausrufen: "750 Jahre Bahrenfeld sind genug!"

Update 12.09.06 - 00.02: Bei kristi (auch unbekannt - winkewinke!) und riot propaganda (s. Pingbacks in den Kommentaren) gibt's nicht nur Berichte sondern auch die Links zum Pressemüll über das Schanzenfest.