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Papstkekse oder wie ich einmal fast Katholik geworden wäre.

Als ehemaliger Evangele bin ich ja eher unbedarft in Bezug auf Wunder und Heilige. Was die Katholiken für Firlefanz haben, war mir bis zu einer Italienreise nicht bewusst. Unglaublich. Ganz vorne der Vatikan. Quasi das Disneyland der Katholiken. In den Katakomben haufenweise Steinschachteln mit Papstleichen. Toll so was. Nervig nur das ständige Gejammer seitens der Offiziellen, dass sie unendlich Kohle aufbringen müssten, um den ganzen in Jahrhunderten zusammengeklauten, heute aber als Weltkulturerbe mehr oder weniger unverkäuflichen Tand, in einigermaßen manierlichem Zustand zu halten. Aber im Petersdom keinen Eintritt nehmen können oder wollen, weil der nun mal auch eine Kirche ist und als solch frei zugänglich sein soll. Allerdings lassen die Sicherheitsvorkehrungen im Vatikan zu wünschen übrig: Äußerlich aufgemacht wie ein Securitycheck im Flughafen mit allen möglichen Alarmpiepsmaschinen, faktisch aber eher nutzlos, da ich sowohl in den Petersdom als auch in die vatikanischen Museen mit zwei Messern gekommen bin. Vielleicht liegt's daran, dass der eine Teil der päpstlichen Controlleros immer im Himmel nach Zeichen schaut, anstatt auf die Monitore der Kontrollgeräte, während der andere Teil der himmlischen Bewacherscharen in seiner religiösen Einfalt schon mal ein eifrig vorgezeigtes Asthmaspray und ein Plastikbrillenetui für die Verursacher kräftiger Piepstöne im Metalldetektor hält. Der Herr wird sich schon was bei gedacht haben.

Beinahe zum Katholizismus bekehrt wurde ich allerdings nicht im Vatikan, sondern durch die heiligen Kekse von Siena, die dort in der Kirche des San Francesco aufbewahrt werden. Ich habe mich in einem längeren, von einem wohlmeinenden Pfaffen in schlechtem Deutsch verfasstem Traktat kundig gemacht. Es begab sich vor ewigen Zeiten, dass der Lokalpapst einen Haufen Hostien sakramentmässig gewandelt hatte, die dann aber doch nicht zum Abendmahle eingenommen wurden. Hat er den Bedarf um knapp 300 Stück falsch eingeschätzt? Jedenfalls waren die Dinger dann megaheilig und wurden vertabernakelt. (Für Nichtkatholiken: Tabernakel ist so eine Art Schrank für heiligen Kasperkram im, am oder beim Altar).

Irgendwelche gotterslästerlichen Spitzbuben erdreisteten sich nun aber, die ollen Oblaten ihrer eigenen Verfügungsgewalt unterzuordnen. Was für ein Aufschrei in Siena. Tagelanges Zähnefletschen und Wüten der Bevölkerung. Der Herr ließ dann aber in seiner unendlichen Güte die Sakralkekse – wenn auch ohne den wertvollen Kelch - wieder auffinden, so dass sie unter lautem Hosiannagebrülle und Lobgepreise in die Kirche des San Francesco heimgeführt werden konnten. Und da lagen sie nun, einerseits fett heilig, andererseits aus "hygienischen Gründen" nicht so ohne weiteres an irgendwelche Gläubigen zu verfüttern. Während sich der Lokalpapst und seine Handlanger über das weitere Vorgehen die kleinen Gehirne zermarterten, fiel irgendjemandem auf, dass die heiligen Törtchen keinerlei Verwesungsspuren aufwiesen, diese aber im Laufe der Zeit nun mal bekommen müssten. Und da war es nun das Wunder. Unkaputtbare Hostien, 273 Stück an der Zahl. Also wurde der schwer begeisterten Bevölkerung noch ein bisschen was auf den allfälligen Zehnt drauf gelegt, um eine pompöse Keksdose mit Edelsteinapplikationen für das Zeug zu schaffen.

Nun wäre es, angesichts der Belanglosigkeit des Ganzen schön, wenn die Geschichte damit zu Ende wäre. Aber so simpel macht's der Herr nun mal nicht. Und um so einen wackeren Ungläubigen wie mich beinahe zu bekehren, reicht das schon mal gar nicht. Also weiter gewundert: Eine geraume Zeit später, die bisherigen Protagonisten waren alle schon bei den Engelchen, gab es einen erneuten Raub in der Kirche des San Francesco. Diesmal war es aber nur die Gebäckumverpackung, die Gefallen fand. Das unverwesbare Abendmahlsbackwerk wurde achtlos in die Ecke gekippt, die kostbare Umhüllung verschwand auf Nimmerwiedersehen und sollte fortan auch keine Rolle in dieser Geschichte mehr spielen. Als die Kirchenwertheimer ihr geschändetes Gotteshaus betraten, war zwar zu ihrem Bedauern die Keksdose weg, aber es gelang ihnen, alle 273 Hostien in einwandfreiem Originalzustand zu bergen und einzusiegeln.

Schon ein Jahr später wurde dann unabhängig-wissenschaftlich die Neuwertigkeit des heiligen Naschwerks festgestellt und der ganze Kram in ein neues, nicht mehr pompöses, aber einigermaßen repräsentables Aufbewahrungsgefäß verbracht. Leider wird das jetzt irgendwo im Keller versteckt, so dass man sich kein eigenes Bild mehr machen kann. Oder mal ein Krümelchen zum Probieren nehmen.

Ist doch toll, oder? Die erbauliche Broschüre endet mit einem Bild von Papa Johannes Paul Numero Zwei, der aufgeregt sabbernd vor der Wunderdose mit den unverfaulten Hostien sitzt und es beinahe nicht fassen kann, dass der Herr uns solche Wunder schenkt. Und noch heute robben gute Katholiken deswegen auf Knien an diesen Ort und fackeln unter debilenm Gemurmel völlig überteuerte Teelichter ab.

Nach reiflicher Überlegung kommt Katholizismus für mich irgendwie doch nicht in Frage.

(Gerade noch rechtzeitig fertiggeworden, um hier mitzumachen. Ach nee, gibt eine Verlängerung. Auch egal.)

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Comments

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Volker on :

"Nach reiflicher Überlegung kommt Katholizismus für mich irgendwie doch nicht in Frage."

Wenn Du eine Religion suchst, und Dir empfehle ich den Hinduismus. Der hat noch hübschere Rituale als der Katholizismus. Bloß nicht Protestant werden - das ist Katholizismus minus Lebensfreude, Farbe und Wunder!

midsch on :

Außer der Möglichkeit, heilige Kriege zu starten, kann ich keinen Vorteil in einer Religion erkennen. Schlechte Dinge tun, verbreiten und sich dabei im Recht fühlen kann man auch ohne.

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