Durch einen
Telepolis-Artikel bin ich auf den Film
Lücke im System aufmerksam geworden. Leider läuft der in Hamburg nur zu ausgewählten Terminen im Abaton. Gestern in der Spätvorstellung waren außer mir noch fünf weitere ZuschauerInnen. Das hat der Film nicht verdient! Ob es der legitime Nachfolger des Kultfilms "23" wird, sei dahin gestellt, aber dieser - vorgeblich auf Fakten beruhenden - Film ist sehr unterhaltsam.
Die Story ist schnell erzählt: Zwei politisch aktive Computerfreaks planen einen Anschlag auf den Weltkongress des ICC. Fred programmiert einen Virus und Alex, der als Reinigungskraft im ICC-Gebäude arbeitet, soll diesen dort installieren. Alex kommt im Krankenhaus zu sich. Im wird erzählt, dass er einen Autounfall hatte. Leider kann er sich an den letzten Tag davor nicht mehr erinnern. Hat er den Virus installiert oder nicht? Fred ist verschwunden und seine Freundin hat in dieser Zeit mit ihm Schluss gemacht. Die betreuende Psychologin überredet Alex, an einem Versuch mit einer neuartigen Behandlungsmethode teilzunehmen. Erinnerungen, Vorstellungen, Wahn und aktuelle Geschehnisse verschwimmen immer mehr ... Sound und Bilder treiben einen immer weiter in das paranoide Szenario, jedes Bild könnte etwas bedeuten, was ist Realität?
Angucken!
In der Kakerlake in Lüneburg gab es die Leistungsschau von
Tischlerei Lischitzki. Erst wurde die neue, durchaus empfehlenswerte CD vorgetragen, danach gab es einen Haufen älterer Songs bis die Band nicht mehr konnte. Die Stimmung war bestens, der Lärm ohrenbetäubend, die Luft zum Schneiden ... vom Glasdach troff der Schweiß angereichert mit "will-ich-nicht-wissen". So wie das sein sollte. Negativ sind allerdings noch ein paar stinkbesoffene Idioten auf- und umgefallen. Vorher gab es noch zwei Bands: "The very Job Agency" (oder so ähnlich) fand ich ganz nett, aber Kurhaus hat mich nicht angemacht, so dass ich die Gelegenheit zum Luftholen genutzt habe. Lüneburg in Weihnachtsverkleidung ist allerdings nicht zu empfehlen.
Bent Hamer (
Kitchenstories) versucht sich an Charles Bukowski. Die Kritik scheint begeistert und hackt auf
Barfly rum. Den fand ich ja gar nicht so schlecht (und würde ich jetzt gerne nochmal sehen).
Ich für meinen Teil habe mir gestern im Zeise eine eigene Meinung gebildet. Der Film ist viel zu glatt/weichgezeichnet. Obwohl es ein paar nette Bilder gibt, nimmt man Dillon den versoffenen, der Welt feindlich gegenüberstehenden Trinker nicht ab. Aus dem Off erklärt er, er hätte drei Tage durchgesoffen und dann steht er im frisch gewaschenem Hemd und mit sauber getrimmten Bart da. Der Zynismus Bukowskis verkommt hier zur ästhetisierten Pose. Überhaupt gar keine Vergleich mit Mickey Rourke, der in Barfly mit blutverschmiertem Unterhemd herumtorkelt. Einzig Lili Taylor als Jan bringt in guten Szenen ein bisschen Authentizität rüber, teilweise sieht sie wirklich fertig/alt aus. Leider wirkt sie in ihrer Rolle ein bisschen ausgebremst, so als hätte sie gerne mal geschrieen und den Exzess demonstriert, aber durfte dann nicht (oder wurde rausgeschnitten).
Factotum: NOR, D, USA 2005 • R: Bent Hamer • D: Matt Dillon, Lili Taylor, Marisa Tomei, Fisher Stevens, Adriene Shelly, Didier Flamand, Karen Young u.a. • L: 93 Min • FSK: ab 16 Jahren
Im
3001 habe ich Kekexili gesehen. Tolle Himalayabilder in einer Doku über Menschen, die die tibetanische Antilope retten wollen, klang erstmal gar nicht schlecht. Am Anfang war gut und böse auch klar verteilt: die bösen Wilderer gegen die guten Beschützer der Antilopen. Ein Reporter aus der großen Stadt will darüber einen Artikel schreiben und fährt mit den Rangern los, um die Wilderer zu verfolgen. Je weiter die Gruppe sich in die Wildnis schlägt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen gut und böse. Auch die Wilderer bzw. vor allem deren Handlanger sind arme Bauern, die ihr eigenes Überleben in einer lebensfeindlichen Umwelt organisieren müssen. Dafür verkaufen die Ranger die beschlagnahmten Felle, um Verpflegung, Benzin und medizinische Versorgung sicherzustellen. Der kargen Berglandschaft zollen beide Gruppen einen hohen Tribut, eine ganze Reihe der Beteiligten stirbt im Schneesturm, im Treibsand usw. Es ist ein brutaler Film, aber trotzdem lohnenswert und weiterzuempfehlen.
Kekexili - (Mountain Patrol)
O.m.U.; China/Hongkong 2004; Regie & Buch: Lu Chuan; Kamera: Cao Yu; mit Duo Bujie, Zhang Lei, Qui Liang, Zhao Xueying, u.a.; 95 Min.
Im verzweifelten Bemühen das Zeise interessanter zu machen, macht man dort in Sachen "zeise goes latenight". Da sich das Format des Kurzfilmslams bislang noch nicht wirklich durchgesetzt hat, gab es gestern wieder einen Literaturslam. Im halbleeren Kino gab es zwar keine totalen Ausfälle, aber auch keine echten Highlights. Es ist sicher nicht so, dass ich bei Slams für Fairness plädiere oder pfofunde literaturwissenschaftliche Aussagen der Jury erwarte. Als Juror hätte ich schließlich - wie immer bei diesem Thema - für den Hooliganbeitrag über die WM-Auslosung faire null Punkte vergeben und mehr als fünf von zehn wären bei Gereimten aus Prinzip auch nicht drin. Aber wenn die Veranstalter das nächste mal ihre FavouritInnen zum einen nicht stumpf auf die besten Leseplätze am Ende setzen und zum anderen ein bisschen weniger offensichtlich loben könnten, wäre zumindest formale Fairness gewahrt.