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Neon Piss und Vestiges im Størte

Erstmal gab es was zum Staunen: Das Equipment, was die beiden Bands auf die Band stellten, war sicher teurer als das von mindestens zehn Bands im Størte davor.

Neon Piss im Størte 2012-06-15
Neon Piss im Størte 2012-06-15


Neon Piss gingen unkompliziert nach vorne, luden zum Mitwippen ein und werden sich nicht länger festsetzen. Jenseits der Musik gingen die Jungs mit ihrer us-amerikanischen Pseudocoolness auf die Nerven. Das vermutlich als "Leadgitarre" zu charakterisierende Instrument war genauso laut wie überflüssig und die Bedienung unsympathisch.

Vestiges - Dynamischer war es nicht.
Vestiges - Dynamischer war es nicht.


Auch du meine Güte. Stellt euch 14jährige Slipknotfans vor, die im Pinneberger Reihenhauskeller wegen der elterlichen Abwesenheit mal richtig aufdrehen dürfen. Vestiges waren also extrem laut. Weil man jahrelang von den Eltern die teure Musikschule bezahlt bekommen hat, sind durchaus musikalische Fähigkeiten vorhanden und es war auch noch genug Kohle für teures Equipment übrig. Es scheint jedoch am Sozialen zu fehlen, abseits gemeinsam gerülpster "Refrains", die dem genauer Hinhörenden sicher tiefe Einsichten in die wichtigsten philosophischen Belange dieser Zeit vermitteln, entsteht der Eindruck, die Bandmitglieder würden sich gegenseitig nur wahrnehmen, um auf unzulänglich gereinigte Instrumente oder Verspieler hinzuweisen.

Gut war auf jeden Fall, dass es nur wenige Stücke gab. Weniger gut war, dass diese Stücke sehr, sehr lang waren. Der typische Aufbau war ungefähr so:
  • Intro: 7 Minuten, in denen alle mit seltsam verzerrten Gesichtern auf "Eins" einen Akkord anschlagen. Einer darf dezente Rückkopplungen fabrizieren.

  • Hauptteil: 46-52 Sekunden im Wesentlichen lautes Gerülpse in jedes verfügbare Mikrofon, während alle versuchen, den zuvor präsentierten Akkord im Zeitfenster so oft wie möglich zu spielen. (Es ist dem guten Schlagzeuger zu verdanken, dass das nicht völlig aus dem Ruder läuft.)

  • Zwischenteil: 3minütige Wiederholung des im Intro eingeführten.

  • Finale: 24 Sekunden Zusammenfassung des im Hauptteil vorgeführten.

  • Extro: gefühlte 14 Minuten in denen das Intro rückwärts nochmal wiederholt wird.

Der Sänger äh die Stimme erwähnte zwischendurch, es würde sich um den ersten Auftritt außerhalb der USA/Kanada handeln. In ungekanntem Mitgefühl für die Bevölkerung Nordamerikas wünscht man sich, sie hätten Washington DC nie verlassen. Auch wenn hier immer noch gilt, dass es kaum Musik gibt, die man nicht durch Gitarrensolos noch schlimmer machen könnte, war das einfach erschütternd langweilig.

Und nach dem Anschiss von Kröte letztens möchte ich nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass es für manche Menschen der schönste Abend in ihrem Leben war.

Milenrama, No Rest und Misfired im Størte

Da wollte ich mit dem Azubi einen schönen Rezensionsbattle starten, aber das wurde dann nix, denn komischerweise waren wir uns vergleichsweise einig. Und das kommt NIE vor. Und da das Bühnenlicht nicht in Betrieb war, sind die Photos noch besser als sonst.

Misfired im Stoerte 18.05.2012
Höhepunkt des Misfired-Konzerts: Basssaite kaputt.


Die einheimischen Misfired wird man sich nicht merken müssen. Das Zerspielen einer Basssaite allein genügt nicht, um einen gelungenen Konzertabend zu gestalten. Trotz manch angenehm konservativen Gitarrenriffs, war das einzig Gute an der Musik, dass es dann keine Ansagen gab.

No Rest im Stoerte 18.05.2012
No Rest - Langsamer war's nicht!


Die brasilianischen No Rest verfügen über einen strengen Dresscode, bringen zu viert locker sieben Meter Dreadlocks an den Start und allein die nun wahrlich nicht große Sängerin bringt mehr Energie auf die Bühne als das komplette Altpunk-Lineup der Jolly-Roger-Bühne auf dem Hafengeburtstag. Fettes Gebretter, das beweist, dass musikalische Ideen nicht zu Verlangsamung führen müssen. Wow, das war bislang die beste Liveshow in diesem Jahr. Da diese Band außerdem noch über eine eigene Internetpräsenz verfügt, lässt sich via Soundcloud die CC-lizensierte Musik auch Zuhause nochmal hören. Und auch aus der Konserve gefällt es.

Milenrama im Stoerte 18.05.2012
Milenrama - Die konnten ihr Stück ziemlich gut, aber ich fand es nach dem dritten Mal langweilig


Als die komische Blondine nach "No Rest" laut ihrem Nachbarn verkündete, dass die beste Band jetzt kommt, dräute mir schon, dass der Abend wohl seinen musikalischen Zenit überschritten hatte. Aber bei "Kick-Ass-Punkrock mit Hardcoreeinflüssen und tollen Melodien" (Størte-Info) von Katalanen wird der Azubi natürlich erst mal aufgeregt. Als die Kapelle uns ihr "naja-geht-so"-Stück dann drei- bis viermal vorgespielt hatte und beim Covern an der Originalgeschwindigkeit des Songs irgendeiner US-Langweilercombo gescheitert war, waren wir uns aber schnell einig: Zeit, nach Hause zu gehen, hier verpassen wir nichts mehr.

Was fehlt ...

* ... ist ein Bericht aus dem Kino: Iron Sky - sehr unterhaltsam, aber - wie immer - unbedingt im Original (ggf. mit Untertiteln) gucken! Ich sollte überhaupt mal eine Bewegung gegen das Synchronisieren von Filmen gründen. Außer in Ausnahmefällen.

* ... ein Bericht vom Konzert im Gartenkunstnetz neulich: Sollte die Band namens Despite Everything gespielt haben, so war ich zu spät. Den Darbietungen zweier Bands durfte ich beiwohnen. Zurerst InXsane aus Slowenien, die waren sympathisch und boten gefälligen Hardcore. Für meinen Geschmack zu gefällig, mehr Dreck und weniger amerikanische Einflüsse bitte.
In-X-sane im Gartenkunstnetz
In-X-sane im Gartenkunstnetz

Danach gab's dann noch Faxenchor von Orängättäng, die machen schnörkelloses, schnelles Geschredder und Faxen. Das tue ich mir gerne mal wieder an.
oraengaettaeng
Orängättäng


Hanson Brothers

Letzten Dienstag war ich zum ersten Mal seit langem wieder in der Fabrik, dank der Nachbarn mit pünktlich beginnenden Konzerten und einer erträglichen Lautstärke. Dafür ist das feilgebotene Carlsberg (=Holsten?) so beschissen, dass die Plastikbecher eher als overdressed bezeichnet werden müssen. Wahrscheinlich ist die einzige Existenzberechtigung für das Bier, dass die Plastikbecher leer so schlecht fliegen.
Invasives in der Fabrik
Invasives

Gitarren weglassen ist eine sehr gute idee. Allein das reicht dann aber auch nicht, wie die Invasives eindrucksvoll aber wenig druckvoll unter Beweis stellten. Als Schiedsrichterstatisten bei den Hanson Brothers waren die beiden Jungs deutlich besser aufgehoben.
Puck Punk - Hanson Brothers in der Fabrik 17.04.2012
Puck Punk

Puck Punk ist, wenn ein paar ältere Herren hemmungslos ihrer Vorliebe für die Ramones frönen, aber in 20 Minuten musikalisch mehr zeigen als die Ramones während ihrer kompletten Existenz. Ich würde die Band in ihrer eigentlichen Daseinsform Nomeansno jederzeit vorziehen und vermutlich auch keine Platte des Seitenprojekts kaufen, aber live ist das sehr, sehr unterhaltsam.

Kreuzfahrt deluxe mit dem Størte und Zweitageohneschnupftabak

Der durch durch das Hasenfest gewonnene freie Tag ließ sich eigentlich nur auf eine Art und Weise nutzen: Das Størte rief zur Kreuzfahrt auf der Frau Hedi und hatte auch noch eine meiner Lieblingsbands eingeladen.

Aus grauer Städte Mauern quillt überall derselbe Brei ... (ZToS)
Aus grauer Städte Mauern quillt überall derselbe Brei ... (ZToS)


Gewohnt pünktlich und mit ungewöhnlich kalten Bier am Start ging's dann los. Während die Band noch letzte Soundjustierungen vornahm und die ersten Freiwilligen eine Kloschlange formierten, fuhr uns Frau Hedi wie gewohnt in die schönsten Ecken Hamburgs. Unterstützt von gleichermassen lautem wie altmodischen Punk aus der Dose nahm man die ersten Getränke ein, plauschte, besichtigte die Gegend und grinste sich freundlich an. Unter uns norddeutschen Stoffeln ist das ja durchaus nicht immer so.

Die Trittbrettfahrer der Küchenshows (ZToS)
Die Trittbrettfahrer der Küchenshows (ZToS)


Erste Pause, es wurde Bier nachgebunkert und auf gings in die zweiten Runde. Hier legte Zweitageohneschnupftabak dann los. Wie uns Jens Riewa und Ina Müller im öffentlich-rechtliche Fernsehen lehren, ist die Seekrankheit der natürliche Feind des Schlagzeugers und das Kreuzfahrtpublikum, das härteste überhaupt. Aber souverän und unkompliziert stellten sich die Regensburger Landratten ihrer Aufgabe, was mit gefälligem Kopfnicken zumindest außerhalb der Kloschlange begrüßt wurde. Zwar wuchs diese immer weiter an, aber das hatte wohl nix mit der Band zu tun. Der Sound war zumindest in Nähe des Mixers erstaunlich gut, was angesichts der maritimen Umstände auf der Frau Hedi ja durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Wer schon mal im gegenglueck gelesen hat weiß, dass ich die Band sehr schätze und ich kann mich nur wiederholen: Live ist das noch besser.

 Du gehst einfach so übers Wasser und hast Schwimmen nie gelernt. (ZToS)
Du gehst einfach so übers Wasser und hast Schwimmen nie gelernt. (ZToS)


Die rauhe Seeluft zerstörte mehr Gitarren als weiland The Who, wenn Pete Townshend mal wieder schlechte Laune hatte, aber irgendwie hat es dann doch noch gereicht und die tapfer spielende Kapelle das Ende der Runde erreicht. Nur die Elbphilharmonie ist leider wieder nicht eingefallen. Eigentlich hätte wir dann auch noch ein paar Runden fahren müssen, bis jeder mal auf dem Klo drangewesen wäre, aber als dann gut war, war's auch gut.