250 Gramm Blutwurst auf dem Weg zurück in den Stall
Das gesamte Paket Liebe scheitert daran, dass sich Wörter aufdrängen wie "für immer" oder "die Frau meines Lebens" oder "Traummann" oder der ganze Rest des fauligen abgehalfterten Modder.
Ich war gestern im Westwerk, wo die "erste europäische Lesung aus einer Schrankwand" namens Opeckta stattfand. Jens Rachut nebst Begleitung durch nicht ganz Unbekannte (Infos und mehr Termine bei Trümmer) machen was, das keine klassische Lesung ist, vielleicht kein Theater sein will aber fast so laut wie ein Konzert daherkommt. Teilweise als Liveübertragung aus den dunklen Bereichen der Schrankwand auf die Videoleinwand. Versatzstücke aus dem Hörspiel "Der Seuchenprinz", orgeluntermalte Songs von Oma Hans / Kommando Sonne-nmilch, Videoschnipsel, holländischen Fussballübertragungen ... das Publikum begleitet einen Angestellten vom Tod, eine für immer Schwangere und die wahrscheinlich einzige Liebhaberin der Stresemannstraße durch den Trümmerhaufen der menschlichen Existenz.
Die z. T. bekannten Songs bekommen hier im Licht der Grubenleuchten und im Zusammenhang mit den restlichen Texten nochmal eine ganz andere Intensität, was wieder mal deren Einzigartigkeit unterstreicht. (Man stelle sich mal den Normalpunksänger vor, wie er seine Texte solo oder nur mit dezenter Begleitung durch die Orgel von sich gibt. Vermutlich wäre das ziemlich armselig.) Nein, wir sind nicht zu alt für Punk, wir sind nur alt genug zu wissen, dass Punk nicht das immerwährende Abspulen der gleichen drei Akkorde ist. Während damit zu Zeiten des Punkhypes sogar Geld zu verdienen war (ist?), drohte in Vergessenheit zu geraten, dass da draußen nichts ist.
Jens Rachut spricht unmissverständlich Dinge aus, die sich andere nicht zu denken trauen. Weil's dann nämlich ganz traurig wird. Das kleine Glück, die vermeintlich netten Gesten, es läuft immer auf das depremierende gleiche hinaus:
Er landet irgendwo zwischen Siechtum und Tod, und zwar genau in der Mitte. Und so wird es vielen gehen. Außer denen, die Glück haben oder Geld. Beides passiert selten. Die meisten arbeiten und schlafen. Oder umgekehrt.
Einzig dem Organisten wird der Herzenswunsch erfüllt, aber dann ist das Glas leer.
(Nicht nur) zum Schluss heißt es: "Adios, ihr Pfeifen!" - Wer noch kann, sollte Opeckta nicht verpassen.
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